Die Geschichte
des Waggonbaus in Gotha ist etwas verworren, da hier zwei Firmen
existierten, die beide auf den selben Gründer, den Schlosser und
späteren Fabrikanten Fritz Bothmann, zurückgehen.
Im Jahr 1883 eröffnete Bothmann in Gotha eine Schlosserei, in der
er Karussells herstellte. 1885 verlagerte er seine Fabrikation von der
Fahnenstraße 11 in die Langensalzaer Straße 24.
1892 trat der Kaufmann Louis Glück in die Firma ein, die sich nun
als Fritz Bothmann & Glück Maschinenfabrik &
Carussellbau-Anstalt bezeichnete. Am 30. Juli 1898 wurde die Firma
rückwirkend zum 1. Juli 1898 in eine Aktiengesellschaft
umgewandelt und hieß nun Gothaer Waggonfabrik vormals Fritz
Bothmann & Glück AG. Damit verbunden war ein weiterer Umzug in
die Kindleber Straße 77 am Gothaer Ostbahnhof.
Spätestens 1898 entstanden erstmals Straßenbahnwagen in
Gotha. Dies waren elf Straßenbahnwagen für Mühlhausen
in Thüringen. Hauptsächlich baute die Gothaer Waggonfabrik
aber Eisenbahnwagen, vor allem Güterwagen.
Die Herren Bothmann und Glück schieden bis 1905, nach anderen
Quellen schon 1902 und 1900 aus der Waggonfabrik AG aus.
1903 oder 1905 gründete Fritz Bothmann daraufhin zum zweiten
Mal eine Waggon- und Karussellfabrik.
1910 änderte die Gothaer Waggonfabrik
dahingehend ihren Namen, daß der Zusatz "vormals Fritz Bothmann
und Glück" in Klammern gesetzt wurde. Auch baute man die
Produktpalette
aus. Von 1910 bis 1918 produzierte man Flugzeuge, danach wieder
Triebwagen
und Eisenbahnwaggons, aber auch Lastwagen-Anhänger. Ab 1921 war
man
durch Ankauf der Fahrzeugwerke Eisenach zum Autoproduzenten geworden.
Straßenbahnwagen gehörten weiterhin zur Angebotspalette der
Gothaer Waggonfabrik. Der örtliche Gothaer
Straßenbahnbetrieb, aber auch Eisenach, Jena, Halle und Leipzig
gehörten zu den
Abnehmern. Außergewöhnlich war die Lieferung von zehn Wagen
nach Offenbach. Auch U-Bahn-Wagen für Berlin entstanden in Gotha.
Die "neue" Firma Bothmann zog 1921 aus der Fabrik in der
Südstraße in die Kindleber Straße 142 auf das
Gelände des ehemaligen Fliegerhorstes. Das alte Gelände wurde
1922 an die Mitropa verkauft. Mit dem Umzug begann Bothmann auch wieder
mit dem Bau von Straßenbahnwagen und Güterwagen. Dies
führt in der Literatur zu etwas Verwirrung, aus welchem Gothaer
Werk welche Fahrzeuge stammen. Aufgrund der Weltwirtschaftskrise
mußte Bothmann 1929 Zahlungsunfähigkeit anmelden und 1931
völlig schließen. Fritz Bothmann war schon 1928 gestorben.
Die Gothaer Waggonfabrik gehörte ab 1930 mehrheitlich
zu Orenstein & Koppel in Berlin. Die einzigen 1930 gebauten
Straßenbahnwagen,
sechs Vierachser für Leipzig, wurden deshalb als O&K-Wagen
abgeliefert.
1934 wurde der Flugzeugbau wieder aufgenommen. Erfurt war der letzte
Kunde,
der in Gotha Straßenbahnen bauen ließ. Bis 1944 bezog man
Straßenbahnwagen aus Gotha. Im Jahr 1944 wurde das Werk bei einem
Luftangriff zu 80 Prozent zerstört. 1949 erfolgte die
Verstaatlichung
als VEB Waggonbau Gotha.
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