Erfurt ist einer der Betriebe, die anstelle von Zweiachsern aus Gotha auf
den Gelenkwagen setzten, war Erfurt doch bei der Konzeption dieses Fahrzeugtyps
federführend gewesen. Dabei ist Erfurt der einzige Betrieb, der keine
Zweirichter T57 oder T59 und auch keine T59E oder T2-62 im Bestand hatte.
Gleichzeitig war Erfurt nach Magdeburg der erste Straßenbahnbetrieb,
der vollständig auf Gothawagen verzichten konnte. Schon 1987 wurde der
letzte Gothawagen ausgemustert.
Den Anfang machten 1957 und 1958 zehn Triebwagen T57E in der Ausführung
für Erfurt. Wie die Hallenser T57E hatten sie übergroße Seitenfenster
an den Plattformen auf der türlosen Seite, aber im Gegensatz zu den
Hallenser Fahrzeugen nur 15 Sitzplätze und einen Schaffnerplatz. Die
Wagen wurden mit Albert-Kupplungen und separaten Lichtkabeln geliefert.
Um den Personalaufwand zu mindern, suchte man auch in Erfurt nach einer Lösung
für größere Fahrzeuge und fand diese weiter westlich in Kassel.
Dort waren Gelenkwagen mit schwebendem Mittelteil im Einsatz, die im Prinzip
zwei miteinander verbundene Zweiachser waren. Eine Beschaffung solcher Fahrzeuge
im "Westen" war natürlich unmöglich, obwohl in Erfurt schon gebrauchte
Obusse aus Hamburg im Einsatz waren und später ein Gelenkbus von Büssing
gekauft wurde.
Beim VEB Waggonbau Gotha entstand so durch Initiative der Verkehrsbetriebe
aus Erfurt und Dresden der Gotha-Gelenkwagen. Der erste Prototyp kam 1959
nach Erfurt, ein zweiter nach Dresden.
Erst 1960 wurden die ersten Beiwagen geliefert. Die ersten sieben Wagen gehören
zur Sonderbauform B2-60, die es nur für Erfurt gab. Der Wagenkasten
entspricht dabei prinzipiell den Triebwagen T57E. Dazu kamen zwei weitere
Triebwagen, die jetzt als T2-60 bezeichnet wurden. Mit den Beiwagen wurde
die ESW-Kupplung in Erfurt eingeführt.
1961 folgte die vorerst letzte Lieferung zweiachiger Straßenbahnwagen.
Diesmal waren es Fahrzeuge aus der laufenden Produktion ohne Sonderausführungen.
Zwei T2-61 und fünf B2-61 ergänzten den Erfurter Wagenpark. Im
gleichen Jahr folgten die ersten zwei Vorserienwagen G4-61, die sich in Details
noch von den Serienwagen unterschieden. Die Serienfertigung wurde 1962 aufgenommen.
37 weitere Gelenkwagen kamen nach Erfurt. Die letzten dreizehn gehörten
schon zum Typ G4-65, die letzten sechs hatten ab Werk ESW-Kupplungen am Heck,
die bei fünf weiteren Wagen nachgerüstet wurden.
1964 wurden der jeweils zuletzt gelieferte T2-61 und B2-61 nach Brandenburg
abgegeben. Brandenburg wollte neue Wagen beschaffen, hätte aber nur
einen G4-61 bekommen können. Um keinen Außenseiter im Wagenpark
zu haben, wurde der Wagen nach Erfurt umgeleitet und man erhielt die fast
neuen Zweiachser.
Im Zusammenhang mit der Bildung von Zügen aus Gelenkwagen mit einem
zweiachsigen Beiwagen läßt sich die Beschaffung von sechs Beiwagen
B2-62 im Jahr 1967 erklären. Ein Jahr später mußten die Erfurter
Verkehrsbetriebe zur Beschaffung neuer Wagen wieder auf Zweiachser zurückgreifen.
Es gab nur noch die T2D und B2D der Tatra-Werke, die Produktion von Straßenbahnwagen
in Gotha war eingestellt. Sechs Triebwagen T2D und zwei Beiwagen B2D kamen
nach Erfurt. Als letzte fabrikneue Gothawagen wurden 1969 noch drei Beiwagen
der Nachbauserie beschafft.
1969 bis 1975 kam es zur ersten und einzigen regulären Beschaffung gebrauchter
Gothawagen. Den Anfang machte der T2D-Prototyp aus Halle, der dort zum Fahrschulwagen
umgebaut worden war und 1969 nach Erfurt kam. 1972 kamen aus Halle je ein
T2D und ein B2D, drei Jahre später ein T2D und drei B2D. Gleichzeitig
wurden alle vorhanden Triebwagen T57E, T2-60 und T2-61 und sechs Beiwagen
B2-60 im RAW Schöneweide grundinstandgesetzt.
Schon ab 1979 kam es zu Ausmusterungen bei den Gothawagen. Die sechs ältesten
T57E und die grundinstandgesetzten B2-60 gingen bis 1983 nach Frankfurt/Oder.
Ein T2D ging als Arbeitswagen nach Zwickau. Nach 1983 waren nur noch zehn
zweiachsige Triebwagen und vier Beiwagen vorhanden. Die Triebwagen verkehrten
mit Reko-Beiwagen.
Mit der zunehmenden Anzahl Tatra-Gelenkwagen KT4D sank auch der Bestand an
Gotha-Gelenkwagen. 1981 gingen elf G4-61 nach Nordhausen. Alle anderen Gelenkwagen
der Baujahre 1962 und 1963 waren da schon verschrottet oder wurden in dem
Jahr verschrottet.
1986 endete der Einsatz Gothaer Zweiachser, 1987 auch der der Gelenkwagen.
Sechs Gelenkwagen gingen nach Nordhausen, der Rest wurde bis 1992 verschrottet.
Es verblieben nur vier Arbeitswagen.
Schon 1992 standen aber wieder neue gebrauchte Gothawagen auf Erfurter Gleisen.
Aus Gotha kamen ein G4-65 als zukünftiger Museumswagen, ein T2D als
Arbeitswagen und ein weiterer G4-65 zur Aufarbeitung des Erfurter Arbeitswagens
21. Von der Rückholung eines ex-Erfurter Gelenkwagens aus Nordhausen
nahm man Abstand, wohl weil man deren Zustand zu gut kannte...
1993 folgte noch ein T57 aus Gotha. Dieser ging in Erfurt nie in Betrieb,
weder als Arbeitswagen noch als Museumswagen. Stattdessen übernahm ihn
1996 das Eisenbahn- und Technikmuseum in Prora auf Rügen, wo er vermutlich
1999 zerlegt wurde.
Damit war die Beschaffung gebrauchter Gothawagen aus Gotha aber nicht abgeschlossen.
1999 folgte ein B2-62 als Museumswagen, 2001 ein G4-65 und ein B2-62 als
Partywagen und Cabrio-Beiwagen.
Heute, 2004, sind in Erfurt drei Gotha-Arbeitswagen im Bestand, ein T2D ex
Halle als Werkstattwagen, ein T2D ex Gotha als Schneepflug und ein G4-65
als Oberleitungswagen. Dazu kommen zwei G4-65 und zwei B2-62 als historische
Wagen bzw. Partywagen, auch diese alle ex Gotha. Die einzigen noch überlebenden
original Erfurter Gothawagen sind ein T57E beim Flugplatzmuseum in Cottbus
und zwei G4-65 in einer Kultureinrichtung in Nordhausen.
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