Chemnitz, zeitweilig
Karl-Marx-Stadt, hat eine etwas kuriose Geschichte, was die Gothawagen
angeht.
Das Straßenbahnnetz in Chemnitz hatte ursprünglich eine
Spurweite von 915 mm, die im Laufe der Zeit auf 925 mm
geändert wurde. Aufgrund der ungewöhnlichen Spurweite war es
nicht möglich, Neubautriebwagen des VEB Waggonbau Gotha zu
beschaffen. Stattdessen fasste man 1956 den Entschluß, das
Straßenbahnnetz auf Normalspur 1435 mm umzuspuren.
Am 8. Mai 1960 wurde der regelspurige Betrieb auf einer Pendelstrecke
außerhalb des Stadtzentrums mit Wagen des Typs T57 aufgenommen.
Erst ab 22. Dezember 1961 fuhr diese Linie ins Stadtzentrum und
verkehrte mit Beiwagen. 16 Triebwagen des Typs T57 und 26 Beiwagen des
Typs B57 standen hierfür zur Verfügung.
1966/1967 wurde der gesamte normalspurige Wagenpark nach
Dresden abgegeben. Als Ersatz kamen 20 Triebwagen und 39 Beiwagen
des Typs T2-62 bzw. B2-62. Für diese ungewöhnliche
Maßnahme
kann es mehrere Gründe gegeben haben: Vereinheitlichung (Dresden
hatte
keine T2-62) oder der Bedarf an Zweirichtern in Dresden, aber auch die
fehlende normalspurige Anbindung der Chemnitzer Hauptwerkstatt. Die
fällige Hauptuntersuchung fand dann erst in Dresden statt.
Auch die neuen Wagen verblieben nicht lange im damaligen
Karl-Marx-Stadt. Ab 1968 wurden Großraumwagen des Typs T3D
von den tschechischen Tatra-Werken angeliefert. In der Folge kamen
die Gothawagen ab 1973 nach Potsdam, Rostock und, umgespurt, nach
Brandenburg.
1975 verließ der letzte normalspurige Gothawagen Karl-Marx-Stadt,
wieder kurz vor oder bei Erreichen der HU-Frist.
Zu einem erneuten Einsatz von Gothawagen kam es ab 1984.
Aus Halle wurden ein Beiwagen B2-62 und acht Fahrgestelle
übernommen, aus Leipzig acht Wagenkästen von B2-62. Der
bessere Zustand der Leipziger Wagenkästen führte zu der
Entscheidung, keine
kompletten Wagen aus Halle mehr zu übernehmen. Diese neun Beiwagen
waren bis zur Stillegung der letzten Schmalspurlinie im Jahr 1988
hinter Vorkriegs-Triebwagen im Einsatz.
Insgesamt waren Gothawagen im Chemnitz nur neunzehn Jahre im Einsatz.
Nur in Magdeburg und bei den stillgelegten Betrieben in Klingenthal und
Stralsund gab es eine kürzere Einsatzzeit der Gothawagen.
Von den Chemnitzer Gothawagen existieren trotz der kurzen Einsatzzeit
noch sieben Fahrzeuge: Ein T57 wurde 1999 als Museumswagen
zurückgeholt, drei T57 laufen in Dresden jeweils als Museumswagen,
Kinderbahn und Arbeitswagen, ein T57 in Woltersdorf, ein T2-62 als
Museumswagen
in Potsdam und ein T2-62 im Privatbesitz bei Rostock.
Daneben sind drei Gothawagen in Chemnitz, die keine original-Chemnitzer
Fahrzeuge
sind: Der Triebwagen 802'' ex Naumburg 33 ein B2-62 als Museumswagen
in Chemnitz ex Leipzig und ein B57 ex Woltersdorf ex Schwerin.
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